Hereinspaziert!
“Sorry, sorry, sorry.” Sebastian Bingel sprintet die letzten Meter, bevor er vor mir steht. Er ist ein wenig außer Atem und muss dann lachen. “Jetzt habe ich dich auch noch warten lassen – verdammt.” Oft haben wir dieses Treffen verschoben, es war ein ständiges Koordinieren via Facebook. Einen Termin mit dem “Venus”-Geschäftsführer zu finden: eine Herausforderung. Nun haben wir es aber endlich geschafft. Sebastian zieht aus seiner Hosentasche einen Schlüsselbund und öffnet die Tür der “Venus”: “Hereinspaziert”.
Großstadtflair nach Karlsruhe
Erotisches für die Karlsruher Kneipenlandschaft: Seit genau zwei Jahren ist der 31-Jährige Geschäftsführer der “Venus”, der Bar in einem ehemaligen Sex-Shop am Europaplatz. Jedes Wochenende platzt die “Venus” förmlich. Die quadratische Theke ist das Zentrum, die Wände sind roh, die Einrichtung individuell. “Unser Ziel war es 2013, etwas Großstadtflair nach Karlsruhe zu bringen”, sagt Sebastian Bingel. Etwas verrucht sollte es sein, dreckig, außergewöhnlich. Es ist geglückt: Das Publikum ist zahlreich und bunt gemischt, verschiedene DJs legen auf, die Grenzen zwischen Bar und Club zerfließen.“ Jeder ist bei uns willkommen – vom Obdachlosen bis zum Geschäftsmann”, betont der Geschäftsführer.
Platz hinter der Theke
Mit 16 Jahren hatte Sebastian Bingel seinen ersten Job in der Gastronomie – als Bierzapfer in einem Brauhaus. “Eigentlich wollte ich damals nur mein Taschengeld aufbessern, merkte dann aber schnell, dass der Platz hinter der Theke genau mein Ding ist.” Es ist besonders der Austausch mit ganz unterschiedlichen Menschen, den er liebt. Sich Geschichten erzählen und überraschen zu lassen, das ist genau seins.
Keine Startschwierigkeiten
Nach der Schule begann er zwar erstmal ein Journalistik-Studium, blieb währenddessen der Karlsruher Nachtszene aber treu. Sebastian Bingel koordinierte in verschiedenen Bars die Abläufe und legte auch vor Jahren als DJ in einem Club auf. Dann kam Anfang 2013 das Angebot mit der “Venus”. “Ich sagte sofort ja”, erinnert sich der 31-Jährige. Im Oktober war die große Eröffnung – von Beginn an läuft der Laden. “Es ist verrückt, aber ich bin sehr glücklich und stolz darauf.”
Tischtennis und BingelBingo
Elektro, Funk, Hiphop: “Mir ist Abwechslung beim Musikprogramm wichtig”, sagt Sebastian Bingel. Am Donnerstag sind außerdem immer BingelBingo-Abende, bei denen er gerne mal mit Fliege und fehlendem Oberteil moderiert. “In Planung ist nun noch ein Tischtennis-Turnier”, verrät er. Die Platte steht an diesem Abend schon in der “Venus” – zwar noch verpackt und hochgeklappt. Das soll sich in den nächsten Monaten aber ändern. “Es ist und bleibt spannend”, sagt Sebastian Bingel, zieht an seiner Zigarette, nimmt einen Schluck Bier und lehnt sich zurück.